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Erste Ergebnisse

Zusammenfassung DO-HEALTH erste Resultate JAMA 2020

Im Jahr 2030 wird jeder dritte Mensch in Europa über 65 Jahre alt sein. Sie alle haben den Wunsch, das Leben bis ins hohe Alter aktiv genießen zu können. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist die Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit.

Die DO-HEALTH-Studie wurde unter der Leitung von Heike A. Bischoff-Ferrari, Professorin für Altersmedizin an der Universität Zürich durchgeführt. In Zusammenarbeit mit einem europäischen und US-amerikanischen Forschungsnetzwerk wurde die Wirkung von drei Gesundheitsmassnahmen bei gesunden Erwachsenen im Alter von 70+ untersucht. Die untersuchten Massnahmen waren eine zusätzliche höhere Dosis Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren (ω-3) und ein einfaches Krafttrainingsprogramm für zu Hause. Die ersten Auswertungen zeigten insgesamt keinen eindeutigen Nutzen dieser Massnahmen in Bezug auf Knochenbrüche sowie die Bein- und Gedächtnisfunktion. Die Studie zeigte jedoch eine Verringerung aller Infektionen durch ω-3. wobei bei allen Teilnehmern eine signifikante Verringerung der akuten Infektionen der oberen Atemwege und der Harnwege durch ω-3 und bei Männern eine signifikante Verringerung der Infektionen zu verzeichnen war. Außerdem trug Vitamin D zu einer signifikanten Verringerung jeglicher Infektionen bei jüngeren Teilnehmern im Alter von 70 bis 74 Jahren und zu einer Verringerung des systolischen Blutdrucks bei Männern bei.

Ein großes Dankeschön an alle Teilnehmer*innen

Aufbau der DO-HEALTH-Studie

Studiendesign: DO-HEALTH war eine 3-jährige, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte, 2x2x2 faktoriell randomisierte klinische Studie.  Die Studie umfasste 2157 zu Hause lebende Erwachsene ab 70 Jahren mit guter Mobilität und kognitiven Funktionen, sowie ohne größere gesundheitliche Ereignisse in den 5 Jahren vor Studienbegin. Die Studie umfasste sieben Zentren in 5 europäischen Ländern (Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich, Portugal).

Interventionen: Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in 8 Gruppen aufgeteilt und erhielten 2000 IE/d Vitamin D3 und/oder 1 g/d Omega-3-Fettsäuren (ω-3) und/oder ein Krafttrainingsprogramm. Alle Studienteilnehmer durften die aktuelle Empfehlung von 800 IE Vitamin D am Tag zusätzlich zur Studienmedikation einnehmen.

Haupt-Endpunkte: Die sechs primären Endpunkte waren: Veränderung des systolischen und diastolischen Blutdrucks, die Short Physical Performance Battery (Funktion der unteren Extremität), das Montreal Cognitive Assessment (kognitive Funktion) sowie das Neuauftreten von nicht-vertebralen Frakturen und Infektionen über 3 Jahre. Aufgrund des Mehrfachvergleichs der sechs primären Endpunkte, war für statistische Signifikanz ein p-Wert <0.01 erforderlich.

Gesamtergebnisse: Von den 2157 randomisierten Teilnehmenden (Durchschnittsalter 74.9 Jahre; 61.7% Frauen) haben 1900 (88%) die Studie abgeschlossen. Die mittlere Teilnahmedauer betrug 2.99 Jahre. Nach 3 Jahren wiesen jene Teilnehmer*innen welche in eine Vitamin D-Gruppe randomisiert wurden, im Durchschnitt höhere 25(OH)D-Serumkonzentrationen auf als jene, welche nicht in eine Vitamin D-Gruppe randomisiert wurden (37.6 versus 24.4 ng/mL). Teilnehmer*innen, welche ω-3 erhielten, zeigten nach 3 Jahren höhere Konzentrationen von DHA und EPA als diejenigen, die kein ω-3 erhielten (135.6 μg/mL vs. 76.3 für DHA und 64.7 μg/mL vs. 33.8 für EPA).

Bei allen Teilnehmenden konnten nach 3 Jahren signifikante Verbesserungen hinsichtlich des systolischen und diastolischen Blutdrucks, der Funktion der unteren Extremitäten sowie der kognitiven Funktion festgestellt werden. Zudem wiesen alle Studienteilnehmenden eine 3.5-fach geringere Frakturrate als erwartet auf. Allerdings unterschieden sich diese Verbesserungen nicht in Bezug auf die einzeln oder in Kombination angewendeten Interventionen. Bei jeglichen Infektionen erreichte ω-3 jedoch einen Benefit der einen p-Wert von 0.02 erreichte, und für akute Atemwegsinfekte und Harnwegsinfekte ein p-Wert <0.01. Für die beiden primären Endpunkte Infektionsrate und systolischer Blutdruck konnte zudem in Untergruppen der Studienpopulation ein signifikanter Nutzen von Vitamin D und ω-3 hingegen nachgewiesen werden.

Vitamin D

Bei den Infektionen gab es bei jüngeren Probanden (Alter 70-74) unter Vitamin D eine 16%ige Reduktion der Infektionsrate ([99% CI 71%-99%], P=0.007).
Für den systolischen Blutdruck zeigte sich bei den Männern ein Nutzen von Vitamin D mit einer mittleren Reduktion von 2.5 mmHg ([99% CI -4.5, -0.4], P=0.002).

Omega-3 (ω-3)

Bei den Infektionen reduzierten ω-3s im Vergleich zur Plazebogruppe die Rate jeglicher Infektionen um 11%, ohne die Signifikanzschwelle von p < 0.01 ([99% CI 0.78-1.01]; P=0.02) zu erreichen. Ferner reduzierten ω-3s die Infektionsrate der oberen Atemwege signifikant um 10% ([99% CI 81%-99%], P=0.005) und jene der Harnwegsinfektionen um 62% ([99% CI 23%-62%], P<0.0001). Männer unter ω-3 profitierten zudem von einer signifikanten Reduktion der Rate jeglicher Infekte um 22% ([99% CI 61%-99%], P=0.008) und es zeigte sich eine 18%ige Reduktion der Rate jeglicher Infektionen bei Teilnehmern mit höheren Blutspiegeln von ungesättigten  Fettsäuren (DHA- und EPA-Spiegeln bei Studienbeginn ≥100 ug/ml; [99% CI 68%-99%], P=0.007).

Für das Krafttrainingsprogramm

gab es keinen Nutzen hinsichtlich der sechs primären Endpunkte; weder für die Gesamtpopulation noch für Subgruppen.

Einschränkungen: Die unerwartet niedrige Frakturrate und hohe körperliche Aktivität der Studienpopulation führte zu einem Dacheffekt bei der Beinfunktionsprüfung mit dem SPPB-Test und könnte unsere Möglichkeiten zur Erkennung kleiner Effekte der 3 getesteten Gesundheitsmassnahmen reduziert haben. Tatsächlich waren 83% der DO-HEALTH-Teilnehmer*innen zu Studienbeginn bereits moderat bis stark körperlich aktiv, was auch das Potenzial für einen Nutzen des Heimtrainingsprogramms verringert haben könnte. Auch hatten nur 40.7 % der Teilnehmer*innen bei Studienbeginn einen Vitamin D Mangel mit 25(OH)D-Werten <20 ng/ml und zudem durften alle Studienteilnehmer*innen zusätzlich zur Studienmedikation die aktuelle Empfehlung von 800 IE Vitamin D am Tag einnehmen. Ebenso hatten mehr Teilnehmer*innen als erwartet, bei den Messungen des SPPB-Beinfunktionstests und der kognitiven Funktion bereits bei Studienbeginn Werte im oberen Zielbereich, was die Chance kleinere Nutzen der Interventionen auf diese Endpunkte zu erkennen, verringert haben könnte.

Stärken: Das detaillierte Follow-up mit jährlichen Besuchen und Telefonanrufen alle 3 Monate bei allen Teilnehmern, die hohe Adhärenz aller Interventionen, die minimale Mortalität und der hohe Anteil der Studienteilnehmer die an allen Studienvisiten über 3 Jahre teilnahmen, werden weitere Auswertungen zu den Endpunkten Kosten-Effektivität der Interventionen,  Sturzrisiko, neue Krebserkrankungen, Frailty usw., unterstützen.

Nebenwirkungen: Alle Interventionen waren gut verträglich und ohne ein grösseres Risiko für Nebenwirkungen im Vergleich zur Kontrolle.

Klinische Perspektive: Die Resultate von DO-HEALTH beziehen sich auf aktive und relativ gesunde Menschen im Alter von 70 und darüber. In dieser Zielpopulation unterstützen die ersten Resultate von DO-HEALTH:

  1. die Supplementation mit 1 g ω-3  / Tag für die Prävention von akuten Atemwegsinfekten und Harnwegsinfekten.
  2. eine zusätzliche Supplementation mit 2000 IE Vitamin D am Tag für die Prävention jeglicher Infekte im Alter von 70 bis 74, und die Blutdruckkontrolle bei Männern im Alter 70 und älter.
  3. DO-HEALTH unterstützt jedoch nicht eine Supplementation mit  1 g ω-3  / Tag oder eine zusätzliche  Supplementation mit 2000 IE Vitamin D / oder das einfache Trainingsprogramm für zu Hause für die Prävention von Frakturen, die Prävention von Gedächtnisfunktionsabnahme gemessen am MoCA Test und die Prävention der Funktionsabnahme gemessen am SPPB-Test.

Unsere Resultate betreffend den Auswirkungen von ω-3 und Vitamin D auf Infektionen verdient weitere Untersuchungen, möglicherweise auch im Rahmen von COVID-19.

Angesichts der Häufigkeit und Sterblichkeit von und im Zusammenhang mit Infektionen bei älteren Erwachsenen1, können diese Ergebnisse für die öffentliche Gesundheit von Bedeutung sein.

Auswirkungen auf aktuelle Empfehlungen

Unsere Ergebnisse beziehen sich auf die zusätzliche Einnahme von 2000 IE Vitamin D am Tag (zusätzlich zu der aktuellen Empfehlung von 800 IE am Tag) bei aktiven und gesunden älteren Menschen im Alter 70 und älter.

Damit widersprechen unsere Ergebnisse den aktuellen Empfehlungen von 800 IE Vitamin D am Tag für ältere Erwachsene nicht, und stellen auch nicht die belegte Wirkung von 800 IE Vitamin D am Tag in der Prävention von Stürzen & Frakturen bei vulnerablen älteren Menschen mit Vitamin D-Mangel und Osteoporose in Frage. Unsere Ergebnisse widersprechen auch nicht den vielfältigen gesundheitlichen Vorteilen von Trainingsprogrammen für die Gesundheit nicht.

Was sind weitere Studienergebnisse von DO-HEALTH?

Zusatzstudien von DO-HEALTH untersuchen die Interventionen im Hinblick auf ihre Kosteneffektivität, Sturzereignisse, Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Veränderungen der Blutfette, Gebrechlichkeit, Veränderungen der Knochendichte und Wirbelkörperfrakturen, Veränderungen der psychischen Gesundheit und Depression sowie weitere Endpunkte2. Die Resultate der Zusatzstudien werden im Jahr 2021 erwartet und werden die Beurteilung der potenziellen Rolle der Nahrungsergänzungsmittel und des Heimtrainings-Programms im Hinblick auf Prävention und gesundes Altern vervollständigen.

¹ Mouton CP, Bazaldua OV, Pierce B, Espino DV. Common infections in older adults. Health Care Food Nutr Focus. 2001;18(3):1, 3-7.

² Bischoff-Ferrari HA, Molino CdGRC, Rival S, et al. DO-HEALTH: Vitamin D3 – Omega3 – Home exercise – Healthy aging and longevity trial – Design of a multinational clinical trial on healthy aging among European seniors. Contemporary Clinical Trials. 2020:106124.

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